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Markus Reissen M.A.

Islamwissenschaftler und Ethnologe

Buch
Stift

Rezension
„Interkulturelle Kompetenzen fördern –
So öffnen Sie Ihre Schule für kulturelle Vielfalt“, Köln 2016

erschienen im Wolters Kluwer Verlag

Durch den starken Zustrom an Flüchtlingen steht die Gesellschaft neuen Herausforderungen gegenüber. Neben der wichtigen Erstversorgung in Notaufnahmelagern kommt es anschließend auf eine gelungene Integration an, in der alle von der kulturellen Vielfalt profitieren. Schulen sind dafür ein geeigneter Ort, weil hier Bildung sowie soziale und interkulturelle Kontakte stattfinden. Das Buch ist ein gelungener Leitfaden, der Wege aufzeigt und das notwendige Wissen vermittelt.

Zu Beginn legt Markus Reissen den Schwerpunkt auf die kulturelle Vielfalt. Dabei beschäftigt er sich mit den Wurzeln des Einzelnen und der Bedeutung von Vorurteilen. Wer sensibel auf Menschen anderer Kulturkreise zugeht, hat einen wichtigen Schritt zur gelungenen Kommunikation getan. Doch ist es nicht notwendig, sämtliche Verhaltensweisen oder kulturellen Gepflogenheiten zu kennen. Es reicht, wenn Raum zur Entfaltung und Begegnung existiert. Bei einem interkulturellen Dialog ist Begegnung auf Augenhöhe für einen Perspektivwechsel der Schlüssel zum Erfolg.

Im 2. Kapitel geht es um das interkulturelle Know-how. Verständlich und strukturiert erläutert Markus Reissen die rechtlichen Grundlagen sowie die Bedeutung von Kultur, die sich ständig wandelt. Die Darstellung der verschiedenen Kulturdimensionen erleichtert das Verständnis und ermöglicht so den wichtigen Perspektivwechsel. Die gewonnenen Erkenntnisse überträgt Markus Reissen auf unser Schulsystem und nennt einige Modelle (u.a. Kulturquadrat, Eisbergmodell, Kulturzwiebel). Besonders hilfreich ist die ausführliche Darstellung des Kulturschocks und seiner fünf Phasen. Hier gewinnen Schulleiter, Lehrer ... einen wichtigen Einblick in das Erlebte von Migranten, der bei der späteren Verständigung hilfreich sein dürfte.

Der nächste Schritt ist eine erfolgreiche interkulturelle Kommunikation. Im 3. Kapitel stellt Markus Reissen die wichtigsten Modelle (u. a. Treppe des Verlustes, Besonderheiten des Sender-Empfänger-Modells) dar, um eine fundierte theoretische Grundlage zu schaffen. Gerade bei Menschen mit unterschiedlichen Kulturen kommt der nonverbalen Kommunikation eine entscheidende Bedeutung zu. Wie werden Mimik und Gestik gedeutet? Stimmt der Blickkontakt? Doch auch andere Probleme erschweren einen gelungenen Austausch, wie z. B. Sprachbarrieren und unterschiedliche Werte. Der theoretische Teil wird von Markus Reissen durch Beispiele aus der Praxis veranschaulicht. Die Auseinandersetzung mit fremden Kulturen eröffnet aber auch einen Blick auf die eigene und kann so ein Gewinn für jeden Einzelnen sein. Die genannten Übungen sind von Lehrern einfach umzusetzen und fördern das interkulturelle Verständnis der Schüler. Zum Abschluss des Kapitels wird ein Modell für erfolgreiche Kommunikation (Schirmer) vorgestellt.

Im 4. Kapitel geht es um interkulturelle Konflikte. Dabei werden besonders das Erkennen (Betonung von Unterschieden), Vermeiden, die Entstehung, Bearbeitung und Lösung erläutert. Auf die verschiedenen Konflikttypen wird ebenso eingegangen wie auf die passenden Strategien, die ausführlich mit konkreten Übungen verdeutlicht werden. Besonders hilfreich dürfte die Checkliste für Konfliktgespräche mit Eltern sein.

Das 5. Kapitel widmet sich der Potenzialentwicklung und der Frage, wie Migranten ein gelungener Start im fremden Land ermöglicht werden kann. Dabei kann die „Willkommens- und Anerkennungskultur“ bei der Eingliederung helfen. Konkret benennt Markus Reissen die Möglichkeiten in Schulen, die Sprachbarrieren zu bewältigen und einen geschützten Raum zu schaffen, in dem die Kinder ihre Potenziale entdecken und entfalten können.

Um Integration an einer Schule zu ermöglichen, muss auch das Kollegium geschult und sensibilisiert werden. Darauf geht Markus Reissen im 6. Kapitel ein. Hier zählt u. a. eine allparteiliche Haltung bei Konflikten. Dazu ist vor allem ein empathischer Umgang wichtig, der durch Übungen und Beispiele entwickelt wird. Dieser sehr detaillierte Teil wird durch informative Gastbeiträge von Claudia Walther (Bertelsmann Stiftung) und Günther Sonnen (Rektor eines Aachener Gymnasiums) abgerundet.

Markus Reissen ist ein umfassendes Buch zu diesem hochaktuellen Thema gelungen. Es dürfte nicht nur für Beschäftige in Schulen, sondern für alle Berufsgruppen geeignet sein, die mit der Integration von Migranten zu tun haben.

Ellen Rennen, Die Texpertin

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